Das Roger Smith Hotel hat in New York viel Konkurrenz. Im Interview schildern die Betreiber, wie sie das Haus mit ihrer Online-Strategie dennoch bekannt gemacht haben. Das Freizeitcafe findet den Artikel in der ZEIT ONLINE dazu so toll, dass wir Ihn gleich mal für Euch geposted haben – viel Spass beim Interview und hoffentlich neuen Social-Media-Erkenntnissen :
Im Restaurant des Hotels treffen sich Online-Bekannte zum Abendessen
ZEIT ONLINE: Herr Knowles, Sie sind der Geschäftsführer des Hotels Roger Smith in Downtown Manhattan. Ihr Haus gilt als „das Social Media Hotel in New York“. Wie kam es dazu?
James Knowles: Jeder Mensch hat Geschichten zu erzählen. Wir haben uns früh dazu entschlossen, Geschichten aus unserem Hotel zu erzählen, aus unserem Leben. Wir haben sie gesammelt, lange bevor Soziale Netzwerke und Dienste wie Twitter oder Facebook derart populär wurden. Das hat den Vorteil, dass wir jetzt eine Menge spannenden „Content“ haben, wie man das heutzutage wohl nennt.
ZEIT ONLINE: Was sind das für Geschichten?
Knowles: Adam Wallace, unser Social-Media-Stratege, bringt zum Beispiel viele Filme von seinen Reisen mit, ob er in den Pyrenäen war oder in Schweden. Es gibt aber auch Filme von Begegnungen, die er gemacht hat, als er hier in Manhattan mit seinem Hund Gassi ging.
ZEIT ONLINE: Aber es gibt Hunderte von Hotels in Manhattan, Tausende von Menschen, die kleine Reisevideos ins Netz stellen – wie schafft man es, sich von der Masse abzuheben?
Adam Wallace: Die Inhalte müssen zunächst einmal gut und originell sein. Aber das allein reicht noch nicht. Es hat bei uns auch eine Weile gedauert, bis wir mit genügend Leuten vernetzt waren. Als die Leute erst mal auf uns aufmerksam geworden sind, hatten wir ihnen eben auch eine Menge mehr zu bieten, als nur ein paar Fotos von unseren Zimmern und ein Reservierungs-Interface.
ZEIT ONLINE: Aber auch hier gilt: Wie bekommt man viele Twitter-Follower – und vor allem die richtigen?
Wallace: Hier haben uns Konferenzen und Meetings sehr geholfen. Wir hatten in unserem Haus schon früh viele Veranstaltungen zum Thema Soziale Netzwerke. Darüber haben die Leute getwittert: dass sie im Roger Smith sind und dass es ihnen gefällt. Häufig waren darunter Blogger oder IT-Experten mit einer großen Zahl von Lesern und Twitter-Followern. So hat sich das potenziert. Wir selbst brauchen übrigens gar nicht so wahnsinnig viele Follower…
ZEIT ONLINE: …Sie haben etwas mehr als 9.000, richtig?
Knowles: Ja, aber wir haben mehrere Konten. Entscheidender sind unsere Gäste. Manche haben mehr als eine Million Follower. Wenn die uns in einem einzigen Tweet erwähnen, ist das extrem hilfreich.
ZEIT ONLINE: Aber sie leben nicht nur von Social-Media-Konferenzen?
Wallace: Wir veranstalten viele klassische Konferenzen und sogenannte Barcamps mit Partnern wie der Online-Nachrichtenseite Mashable, aber bei uns treffen sich auch Immobilienmakler. Die sind inzwischen ja auch alle bei Twitter und Facebook. Und in letzter Zeit finden bei uns vermehrt Buchpremieren statt, die Social Media oder das Internet thematisieren. Die Autoren kennen uns und bringen jeweils wieder eine eigene Gruppe von Leuten mit.
ZEIT ONLINE: Oft wird beklagt, dass die Social-Media-Szene vor allem aus Beratern besteht, die sich gegenseitig beraten. Können Sie denn den Zuwachs durch Soziale Netzwerke in Zahlen benennen?
Knowles: Social Media bringt inzwischen 20 Prozent unseres Jahresumsatzes. Mindestens, denn bei diesen 20 Prozent können wir es nachweisen – zum Beispiel wenn sich jemand auf den Discount beruft, den wir über Facebook oder über Blogs ausschreiben.
Wallace: Auch die Konferenzen und Veranstaltungen aus dem Social-Media-Umfeld sind ein wichtiger Umsatzfaktor – auch hier haben wir schon öfter große Aufträge über Twitter an Land gezogen.
ZEIT ONLINE: Was ist für Sie der Unterschied zwischen dem Internet heute und vor zehn Jahren?
Knowles: Es geht mittlerweile verstärkt um die direkte Kommunikation zwischen zwei Individuen. Anstatt eine Website zu erstellen, die hinaus in die Welt sendet, führt man viele einzelne Konversationen. Aus diesen Gesprächen wird Mund-zu-Mund-Propaganda.
Wallace: Ein andere großer Unterschied ist, dass Firmen – nicht nur Hotels – ihre Kundschaft nicht mehr auf ihre Website führen, sondern mehr und mehr auf ihre Facebookseite. Und während Twitter nach wie vor eine eher spezielle Zielgruppe hat, ist Facebook inzwischen wirklich im Mainstream angekommen.
ZEIT ONLINE: Wie geht es weiter?
Knowles: Das wissen wir auch nicht. Wir experimentieren ja auch nur herum. Aber wir haben verstanden, dass wir als Unternehmen bereit sein müssen, in Social Media zu investieren – auch finanziell. Ich kann nicht verlangen, dass unser Rezeptionist nebenher twittert und dann erwarten, dass daraus Hunderte neuer Übernachtungen entstehen.
ZEIT ONLINE: Wie viel Personen sind für die Social-Media-Aktivitäten des Roger Smith verantwortlich?
Knowles: Sechs oder sieben. Man darf diese Kommunikation nicht einfach auf einen Angestellten abwälzen. Man sollte sie aber auch nicht ausschließlich an Experten übertragen. Sie lebt von der Persönlichkeit des Einzelnen. Im Idealfall interessiert sich jeder Mitarbeiter für Soziale Netzwerke und davon profitiert unser Auftritt.
ZEIT ONLINE: Haben Sie ein Beispiel dafür?
Wallace: Wir haben einen Frühstückskoch, der wirklich extrem guten Speck macht. Der bekannte Blogger und Buchautor Chris Brogan hat mehrmals online davon geschwärmt und sogar auf einem Vortrag einmal gesagt: „Wenn es einen Bacon-Gott gäbe, er würde im Roger Smith wohnen!“ Wir haben daraufhin unserem Koch davon erzählt, der gar nicht wusste, dass das, was er da jeden Tag tut, draußen in der Welt so einen großen Anklang findet.
ZEIT ONLINE: Das Internet als Motivationsmaschine für Mitarbeiter?
Wallace: Manchmal ja, im positiven Sinne wie im negativen Sinne. Wir können den Mitarbeitern zeigen, dass sie für das geliebt werden, was sie jeden Tag leisten. Aber jedem im Team muss auch klar sein, dass ein enttäuschter Gast heutzutage sofort eine schlechte Bewertung bei Online-Reiseportalen verfassen kann – und damit viele andere potentielle Gäste beeinflusst.
ZEIT ONLINE: Wie gehen Sie mit Bewertungsportalen wie beispielsweise TripAdvisor um?
Wallace: Wir versuchen, auf jede einzelne Rezension einzugehen. Natürlich nicht, wenn jemand nur schreibt „Tolles Hotel!“. Aber wenn jemand etwas zu bemängeln hat, schauen wir uns das an, schreiben eine individuelle Antwort und versuchen, das Problem zu beheben. Man wird es nie jedem einzelnen Recht machen können. Aber wenn man zeigt, dass man ihn ernst nimmt und sich Mühe gibt, ist schon viel gewonnen.
ZEIT ONLINE: Das erfordert aber auch eine Menge Arbeitseinsatz…
Wallace: Aber der Einsatz lohnt sich, da ja nicht nur die eine Person zufriedener ist, der geantwortet wird. Sondern auch alle anderen sehen, dass wir Menschen sind, die zu Fehlern stehen und alles in ihrer Macht stehende tun, um unsere Gäste zufrieden zu stellen. Unser Kundenservice und unsere Gästebetreuung sind öffentlich. Das lernen auch große Firmen wie die Fluglinie JetBlue: Die schalteten früher nur Bannerwerbung für ihre billigen Tarife. Inzwischen haben sie 1,6 Millionen Follower bei Twitter und kommunizieren direkt mit diesen, falls jemand eine Frage oder ein Problem hat. Das kommt gut an.
ZEIT ONLINE: Wie wichtig sind ortsbasierte Dienste wie FourSquare, GoWalla oder Facebook Places für die Strategie Ihres Hotels?
Wallace: Sie spielen natürlich eine Rolle, aber ehrlich gesagt noch keine besonders große. Bei uns bekommt man sein Glas Wein nicht billiger, wenn man sich in unserem Restaurant bei Foursquare einloggt. Aber wir profitieren natürlich davon, dass vergleichsweise viele unserer Gäste diese Dienste nutzen und ihren Freunden mitteilen, wenn sie bei uns sind.
ZEIT ONLINE: Die meisten dieser Dienste ermöglichen es mir zu sehen, ob jemand, den ich kenne, am selben Ort ist wie ich. Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Gäste das nutzen?
Wallace: Oh ja, wir erleben das oft. Das ist der Vorteil eines Hotels gegenüber einem Schuhladen oder einer Tankstelle: In unserem Haus ist Raum für solche Begegnungen. Wenn ein Blogger an der Bar sitzt und einer seiner Leser bekommt das über Foursquare mit, können die beiden zusammen einen Drink nehmen. Die meisten Menschen wollen das: Sie wollen die Leute, die sie online kennen und schätzen gelernt haben, irgendwann auch mal in echt sehen.
Knowles: Und dann kommen sie morgens zum Frühstücken, schauen auf ihr Smartphone und merken, dass jemand, mit dem sie vielleicht schon seit ein paar Jahren mailen, auch hier ist. Darüber freuen sie sich dann fast mehr als über unseren Frühstücksspeck.
Wir sagen : Danke für diese schönen Erkenntnisse – das virtuelle ins reale transferiert! Doch möglich lt.Social Media! Weiter so! Es sind also die persönlichen Geschichten, die zählen … 😉
Quelle :
zeit.de