September 7, 2011 Von Christian Gera

Wo gehen wir hin? Immer nach Hause

„Wo gehen wir hin?“ „Immer nach Hause“.

(Novalis, Deutscher Dichter)

Der Heimweg. Selten gibt es eine weniger gewürdigtes Unternehmen. Was ist schon alles über Reisen in ferne Länder verfilmt, geschrieben oder gesungen worden? Aber über den Rückweg kaum etwas. Gut, in der Antiken Mythologie findet man dann doch ein prominentes Beispiel, wenn man einmal über die turbulente Heimreise eines Odysseus auf seiner berühmten Odysse nachdenkt.

Aber so spannend es sich seine epische Fahrt inklusive dem Kampf gegen Sirenen, Harpyen und anderes „Getier“ auch lesen mag.

Hier soll es eher um die kleineren Vertreter des Heimwegs gehen. Jene Minuten, in denen wir von Arbeit, Schule, Date oder Party in unsere Heimbasis zurückkehren.
An Ungeheuern und Versuchungen gibt’s aber auch hier genug. Sei es die hässliche Fratze der Sorge über den Eindruck, den der erste Arbeitstag beim Chef hinterlassen hat, oder das hässliche Abscheuliche die bange vielköpfige, warzige Frage, ob die ungelenken Worte die man seinem oder seiner Angebeteten gerade um die Ohren gestammelt, wirklich so eine gute Idee gewesen waren.

Will Der Andere mich Wiedersehen? Denkt er an mich? Und schwebt er dabei auf Wolke sieben, oder möchte er lieber seinen Mageninhalt stoßweise im Sanitärbereich verteilen? Oft sind da natürlich auch noch diese fiesen, räudigen Gehirnratten welche einem mit all der Arbeit und den unerledigten Dingen quälen, mit denen man sich zu Hause noch rumschlagen muss. Und das – und das ist vielleicht die größte Gemeinheit des Lebens – meist noch ohne Heldenruhm.

Hatte man mehr Glück, lautete die innere Frage vielleicht aber auch eher: Wann bin ich endlich wieder bei dem Menschen, der mich den Anschiss vom Chef, oder die grauenhafte Party vergessen lässt und wo ich einfach nur ich selbst sein kann?

Zusammen mit all diesen Fragen, drängt sich dann oft der Gedanke auf: Wohin mit meinen Gedanken?

Im Laufe der Menschheitsgeschichte, hat man  sich viele Möglichkeiten ausgedacht, um den mitunter zermürbenden Gedankenmühlen zu entgehen. Hat man im Mittelalter vielleicht noch Wanderlieder gesungen, so gab’s dann später Zeitungen, Autoradios, Walkman, I-Pods, Netbooks und weitere Errungenschaften, die man wunderbar dafür verwenden könnte, die Gedanken zum schweigen zu bringen, oder doch wenigstens abzulenken.

Neben Entertainment, bestand auch immer die Möglichkeit, sein Gedankenchaos zu nutzen. Es in Pläne, Gedichte, Briefe (oder Mails) oder Geschichten zu gießen.

Bekanntlich ist der Beststellerautorin J.K. Rowling, die Grundidee zu ihrem „narbigen“ Zauberschüler Harry Potter, auch auf einer Zugfahrt gekommen. Heute schwimmt die Frau in Gold.

Solche Reisen können also durchaus lohnend sein.Aber wo gehen wir hin? Immer nach Hause.

Denn: Man kann aber auch einfach die Zeit nutzen, einen Blick auf die Umgebung zu riskieren, die mehr oder weniger sanft an einem vorbeizieht und die man sonst voller Lauter Stress und Action kaum wahrnimmt.

Und dafür sich zu freuen, am Leben zu sein. Zu Hause.